Fussball

Ob Thiem oder England: Angeschlagene Gegner sind oft doppelt gefährlich

Wie sehr man bei Prognosen im Sport aufpassen muss, weil man schnell falsch liegen kann, haben Montag zwei Beispiele demonstriert. Ehrlich gesagt schien es, dass Dominic Thiem wieder eine Abfuhr erleiden würde, als er im Erstrundenduell mit Laslo Djere, einst einer seiner Trainingspartner, mit 5:7, 3:4 und Break zurück hinten lag. Aber erstens kam es anders, zweitens als man zu diesem Zeitpunkt gedacht hätte, denn Thiem drehte das Match mit dem Re-Break, um es zu gewinnen.

Und so ähnlich verhielt es sich einige Stunden später im Wembley-Stadion, als die Deutschen gegen die vermeintlich hilf- bis harmlosen, völlig verunsicherten Gastgeber und Vize-Europameister mit 2:0 führten und dem dritten, ja vierten Tor schon nahe gewesen waren. Da wurden schon Spekulationen angestellt, ob der noch vor einem Jahr gefeierte und geehrte Teamchef Terry Southgate gleich gefeuert oder aber bis zur WM in Katar doch noch eine Galgenfrist erhalten soll, weil England zuletzt unter ihm abgewirtschaftet, mehr noch: aus der Nations-A-League abgestiegen war.

Gerade hatten TV-Kommentatoren und Analytiker darüber noch gerätselt oder philosophiert, da war im Handumdrehen alles wieder anders. Kaum hatte man dem vermeintlich glücklosen Southgate im Nordwesten Englands fast schon den (Ab)Marsch geblasen, bewies er wie in bessern Tagen und Zeiten ein goldenes Austauschhändchen, wechselte zwei Neue ein, die mit frischem Wind den Umschwung brachten und ein 0:2 in ein 3:2 verwandelten. Und dabei wär´s ja wohl auch geblieben, hätte nicht der englische Ersatzkeeper Pope, wahrlich kein Torhüter-Papst, einen (Gnabry)-Schuss so abprallen lassen, dass just der Chelsea-Legionär Havertz zum Entsetzen der schon feiernden Briten-Fans seinen Doppelpack schnüren konnte. So gab´s ein 3:3-Drama mit zwei Gesichtern beider Mannschaften, die binnen weniger Minuten nicht unterschiedlicher hätten sein können.

Ja, so schnell kann´s nicht nur im Fußball, sondern prinzipiell im heutigen Sport gehen, wo unter halbwegs gleichwertigen, ebenbürtigen Gegnern mitunter ein Schlag oder Tor, jedenfalls ein essentielles Erfolgserlebnis, von einer Sekunde auf die andere alles verändern kann. Auch und eben deshalb, weil es nicht nur darauf ankommt, dass alles Hand und Fuß hat, sondern mehr denn je Kopfsache ist. Sowohl beim Tennis in Tel Aviv als auch beim Duell in Wembley hat sich der Spruch bewahrheitet, dass weidwunde, also angeschlagene Gegner, besonders gefährlich sind. Ob im Ring, ob am Court, ob am Feld. Auch das macht (Spitzen)-Sport so spannend. Und voreilige Prognose damit oft so falsch und obsolet wie an diesem Montagabend.  

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