Österreichs alpine Pistenartisten sind aktuell gerade dabei, einen Salto rückwärts zu schlagen – oder populär-vulgär ausgedrückt: sie sind in der Rue de Gac(k) gelandet. Zumindest im Riesenslalom, da gibt´s keinen Zweifel. Auch eine der jungen Hoffnungen auf eine Wende, der Tiroler Raphael Haaser vom Achensee, machte keine Ausnahme. Haaser, Top im Doppelpack beim Europacup in Obergurgl, lieferte einen Doppelflop beim Weltcup in Santa Caterina. Eine bittere Pille nach enttäuschten Erwartungen.
Was aber machte man mit dem jungen Mann, der diese Pleite erst verkraften und eher eine Extra-Trainingsschicht einlegen sollte, um auch auf höchster Ski-Ebene künftig bestehen zu können? Irrtum, nichts da mit kurzer Aus-Zeit zum Sammeln, weil nach verpasster Final-Qualifikation noch zu Mittag der ÖSV-Marschbefehl kam: Raus aus dem Skidress, rein ins (Service-)Auto, ab von Santa Caterina Valfurva im Valtellina auf dem schnellsten, aber alles andere denn bequemen Weg nach Zinal im Wallis!
Und wozu die ganze, mehr als fünf-, wenn nicht sechsstündige Hetzjagd? Erraten, um anderntags schon morgens am Super-G-Start einer Alpinen Kombination im Europacup zu stehen! Ja, ein paar lumpige Pünktchen sammeln statt in aller Ruhe wieder Kräfte und Konzentration zu bündeln für höhere Aufgaben, zu denen er – das sagen zumindest Fachleute – durchaus fähig wäre.
Das erinnert mich an Gespräche mit Helmut Mayer, Olympia-Zweiter 88, WM-Zweiter 89, Kärntner Jugendtrainer t. R. und Papa des inzwischen zweifachen Olympiasiegers Matthias (Motl) Mayer. Auch er hat, zehn Jahre wird´s wohl her sein, die (Reise-)Strapazen und den (Renn-(Stress) für den Junior beklagt, indem er auflistete: „48 Starts in allen Disziplinen in einer Saison quer durch ganz Europa – FIS-Rennen, Europacup, Junioren-WM, das ist einfach viel zu viel für so einen jungen Buam!“
Der Motl, aus hartem Kärntner Holz geschnitzt wie sein Vorgänger, der Klammer Franz, der nur einen Berg weiter daheim, hat sich nichtsdestotrotz getreu dem Spruch: Nur die Härtesten kommen durch, bis ganz nach oben gekämpft. Aber zuletzt waren´s immer weniger aus dem ÖSV-Stall, denen das gelungen ist. Ganz im Gegenteil, die meisten vermeintlichen Talente haben entweder selbst absalutiert oder wurden, weil zu wenig Punkte fürs vorhandene Potenzial, aussortiert und ausgemustert. Wie etwa der Arlberger Magnus Walch, der es mittlerweile aber via International-Team nach eineinhalb Jahren endlich wieder geschafft hat, im Weltcup anzuschreiben – und das als zweitbester Österreicher!
Wenn das kein Grund ist, zu fragen: Was ist, bitte vielmals, faul im Skistaate Österreich? Warum nur Mini-Return of Top-Investment in vielerlei Form und allerlei Hinsicht? Je größer die Mannschaften, je mehr Chefitäten, Trainer und Betreuer, je mehr helfende Hände, schreibende Zünfte und denkende Köpfe, desto mehr entgleitet dem Skiverband der Erfolg, an den sich die rotweißroten Skipatrioten in den ersten 30 Jahren des zweifellos goldenen Schröcksnadel-Regiments zu sehr gewöhnt haben.
Mittlerweile, so scheint´s wenigstens, hat sich der Erfolgshunger bei einem saturierten nicht nr alpin-Establishment schon vertschüsst. Oder Schmalhans spielt Küchenmeister bei den Jungen, denen der Saft schon ausgeht, bevor sie noch der immer älteren Nicht-mehr-Top-Generation den Kampf ansagen können. Andersrum: Die Katze beißt sich in den Schwanz. Je mehr sie aufjault, umso geringer das (öffentliche) Echo. Fragt sich nur, wie lange es dauert, bis auch treueste Sponsoren die Spendierhosen ausziehen, weil sportliche Pleiten alles, nur keine Werbung sind.