Kaum begonnen, schon aus den Socken geschossen. Als Dominik Thiem aber dem 1:6 im ersten Satz des Rio-500er-Turniers ein 6:3 folgen ließ, hätte ich – wäre ich ein Wett-Fan und kein Wettmuffel – auf einen Sieg gegen den Lokalmatador Thiago Monteiro, einen Linkshänder von Mittelklasseformat, gewettet. Aus gutem Grund, aber letztlich trügerischer Hoffnung. Auf einmal schlug Thiem viel besser auf, sogar Asse mit dem zweiten Service waren darunter, auf einmal blitzte alte Klasse auf, auf einmal wagte er sogar gefühlvolle Stopps – und auf einmal tauchte das Gefühl auf, er könnte in einem intensiven Schlagabtausch vor voller Hütte wieder zu sich selbst finden.
Ja, das dachte ich, darauf hätte ich gewettet und gewartet, drehte mich weit nach Mitternacht um im Bett, döste dahin, wachte auf – und erlebte dann ein Tiebreak im Finalsatz, in dem sich Thiem wieder in einen raunzenden, weinerlichen Thieminho verwandelte, der im Duell zweier heuer so gut wie siegloser Spieler von der Angst vorm Gewinnen gepackt wurde. Ein Hoffnungsfunke mehr, der nur kurz glimmte, ehe er wieder erlosch. Alles wie gehabt. Bei Dominic, an dem´s in erster Linie liegt, dass er sich in einen Teufelskreis dreht, den er ja mit seinem (Familien)-Team selbst gewählt hat.
Und es mag auch ganz sicher an seinem Touring-Coach liegen, der als Chilene alles denn einem impulsiven Südamerikaner gleicht, der Gift und Galle speit oder zumindest Feuer entfacht, sondern in der Player-Box wie ein teilnahmsloser Begleiter wirkt, der mit den Achselns zuckt: Wenn der Herrgott net wü, dann kaunst hoit nix machen! Natürlich ist jeder Mensch und erst recht oder noch dazu jeder Millionen-Profi seines eigenen Glückes Schmid, aber mitunter kann´s und soll´s nicht schaden, wenn´s zu Trennungen kommt, die mit neuen Leuten neuen Impulse geben, neue Akzente setzen, neue Ideen einbringen und damit aus einer mentalen wie sportlichen Achterbahnfahrt und Comeback-Schimäre wieder zu einer geraden Einbahn zum Erfolg führen können.
Ich finde, dass sich das Tennis-Verhältnis von Thiem mit Massu in mehr als einem halben Jahrzehnt abgenützt hat. Und dass es keine Reibungsflächen gibt, mit denen der Funke wieder so darüber springen würde, dass sich daraus ein echtes und kein von Mal zu Mal erhofftes und doch gescheitertes Comeback entzündet. Aber wie ich meine Pappenheimer kenne, wird sich gerade vor dem Massu-Heimturnier in Santiago de Chile nichts ändern. Also wird halt weitergewurstelt und weitergewurstelt, bis das Kasperltheater niemanden mehr interessiert. Steht zu befürchten, dass ich diese Wette leider nicht verliere…