Der turbulente WM-Skiwinter, geprägt und geschlaucht durch das Corona-Virus, ist seit Palmsonntag zumindest auf Weltcup-Ebene geschlagen. Und trotz der Goldmedaillen und Kristallkugeln, die Kriechmayr, Schwarz und Kraft gewonnen haben, so war´s unter dem Strich ein Damen-Trio aus drei Bereichen, die mit Titeln, Kugeln und (moralischen) Siegen der Saison ihren Stempel aufgedrückt haben.
Ehrlich gesagt, wer hätte im Dezember gedacht, dass Lisa Theresa Hauser nach ihrem ersten Weltcupsieg und ersten Silbermedaillen als erste österreichische Biathlon-Weltmeisterin in die Geschichte eingehen würde? Nicht einmal die größten Optimisten! Ja, wer hätte angesichts des vermeintlichen unschlagbaren Slalom-Duos von Shiffrin und Vlhova im Frühwinter gedacht, dass es von einer seit dem WM-Gold von Cortina überragenden Katharina Liensberger auch noch im Rennen um die kleine Kugel abgefangen würde? In dieser dominanten Form wohl niemand!
Womit wir zu guter Letzt zur Jüngsten im Bunde kommen, zu Marita Sara Kramer, der Salzburgerin aus Mata Alm mit Oranje-Wurzeln, die ihre einzige WM-Goldene mit dem Damenteam gewann, das ohne sie nie gesiegt hätte. Es war nicht nur Pech, das der Überfliegerin aus Saalfelden die weit ausgebreiteten Flügel stutzte – auch Funktionäre mit patriotischen Scheuklappen und mehr als seltsame Interpretationen von Covid19-Maßnahmen führten in einer Negativ-Spirale zunächst zu einem dubiosen Weltcup-Startverbot in Rumänien und brachten sie danach in Oberstdorf sowohl um WM-Einzelmedaillen, wenn nicht Titel, als auch um die Weltcup-Kristallkugel.
Anders als bei den Männern, bei denen der ansonsten eher mit sich ringende Stefan Kraft die Gunst des Augenblicks zum WM-Überraschungssieg genützt hatte, lief´s bei der 19jährigen just beim WM-Highlight spiegelverkehrt. Fräulein Marita, die sie Sara rufen, avancierte in Oberstdorf trotz Gold und Bronze im Damen-Quartett wie im Mixed-Duo mit Doppel-Blech auf Normal- und Großschanze zum enttäuschten und enttäuschenden WM-Pechvogel.
Andere SportlerInnen wären womöglich daran zerbrochen, aber Kramer weinte den verlorenen Titeln nicht nach, vielmehr waren die Tränen, wenn´s überhaupt welche gegeben hatte, schnell getrocknet. Der Trotzkopf in ihr mag sich voll Vertrauen in ihr Potenzial und ihre Form gedacht und gesagt haben: Es kann ja nicht sein, was nicht sein darf! Und so knüpfte sie zum Finale in Russland (Nischni Tagil, Tschajkowski) dort an, wo sie nach vier Weltcup-Siegen vor der WM aufgehört hatte – mit vier Siegen in Folge mit Schanzenrekorden und Rekordsiegen.
Aber was geschah, als sie drauf und dran schien, im letzten Abdruck, Pardon: Abflug, sich vielleicht doch noch die große Weltcup-Kugel zu holen? Windige, höhere Gewalt erzwang in Tschajkowski den Abbruch nach einem Durchgang, in dem sie haushoch geführt hatte! Verflixt und zugenäht. Bad luck, wieder einmal. Wer weiß, ob es nach zwei Sprüngen ein Weltcup-Happy End für die Halbzeitdritte Slowenin Kriznar gegeben hätte, der das rotweißrote Duo Iraschko-Stolz-Hölzl wie die Faust im Nacken gesessen war. Am Ende fehlten der überragenden, aber vom Schicksal immer wieder geprügelten Kramer nur elf Punkte aufs Objekt der Begierde, die große Kristallkugel, als Kompensation für Oberstdorf.
Ein Pechvogel und doch ein Glücksfall. Wer registriert, wie Kramer Rückschläge wegsteckt, der kann fast wetten darauf, dass Marita alles daransetzen wird, das Schicksal zu zwingen. Und bei den Olympischen Spielen nachholen will (und wird), was sie in diesem mit acht Saisonsiegen erfolgreichen, aber auch vermaledeiten Winter verpasst hat – zumindest eine, wenn nicht mehr Medaillen. Im Leben, so heißt´s, kommt alles zurück, da muss sie nur Fast-Nachbarn Marcel Hirscher (Silber 2014/Gold 2018) fragen, in dem so nebenbei auch Oranje-Blut (von Mama) fließt. Nach geballtem Pech darf Marita in Peking auf eine Portion Glück hoffen. Wenn nicht alles täuscht, auch auf einen Batzen Gold!