Wenn ein fast vergessener Superstar wie Werner Schlager den 50er feiert, dann ist´s wahrlich und endlich Zeit für einen angemessenen, ordentlichen Rückblick! Ich erinnere mich daran, als wär´s gestern gewesen: Tischtennis-WM 2003 in Paris-Bercy, vermeintliches Vorspiel zum Tennis-Grand-Slam in Roland Garros, der die Woche darauf begann. Binnen zwei Tagen verwandelte sich der damals knapp 30jährige Schlager in einen weltweit beachteten Hit und in einen der größten Sporthelden unserer Nation, aber auch in Reich der Mitte!
Als Werner gegen den chinesischen Mitfavoriten Wang im fünften Satz des Viertelfinales mit höchstem Mut zum Risiko vier Matchbälle abgewehrt hatte, tankte er so viel Selbstvertrauen, um in einem wahren Triumphzug österreichische Sportgeschichte als erster TT-Weltmeister seit 66 Jahren zu schreiben, seit jenem im Krieg nach England ausgewanderten, aus Polen stammenden Richard Bergmann (1937). Als Schlager im Finale den koreanischen Defensivkünstler Joo Se Hyuk mit 4:2-Sätzen niedergerungen hatte, ließ er sich nach vollbrachter Tat auf den Rücken fallen. Da la er nun, hingestreckt im Triumph, der bis heute historisch ist. Immer noch ist der Niederösterreicher nämlich der letzte Weltmeister, der nicht aus dem Reich der Mitte kam, das im Tischtennis himmelhoch überlegen ist…
Ja, hingestreckt! Welch ein Symbol-Bild, angesichts dessen man Ende Mai 2003 in Paris nicht ahnen hätte können, welch negative, unheilschwangere Bedeutung das dereinst noch haben könnte. Schlager hier, Schlager da, Schlager natürlich Sportler des Jahres, der selbst den Comeback-Maier und andere Skistars in den Schatten stellte. Werner war keine Eintagsfliege, er hatte ja schon als Jugendlicher ein bisschen was von einem Wunderknaben an sich, der mit seinem Freund und Doppelpartner Karl(i) Jindrak zu den weltbesten Junioren zählte.
Im Single, in Doppel- und Teambewerben gewann er (Jugend inklusive) mehr als 20 Medaillen, neben WM-Gold auch einige EM-Titel (mit Jindrak, Chila/F, und Liu Jia). Anders als viele andere TT-Kanonen war Schlager nicht nur ein „Schläger“, sondern ein Künstler, der mit seinen unberechenbaren Aufschlägen und Überraschungsvarianten die Konkurrenz zur Verzweiflung brachte. Und so auch zum Angstgegner der sieggewohnten Chinesen wurde, die ihn nicht nur fürchteten, sondern so bewunderten, dass sie für ihn den roten Teppich beim Ausstieg aus dem Flieger ausrollten: Wer(l)ner(l), Wer(l)er(l) über alles!
Ja, sogar eine Briefmarke war – Ehre, wem höchste Ehre samt Goldenem Ehrenzeichen gebührt – im Weltmeister-Jahr aufgelegt worden. Als er in Schwechat die Schlager-TT-Academy aus der Taufe hob, wurden ihm noch Kränze geflochten ob des tollen Trainings-Zentrums, in dem sich auch zahlreiche Weltklassespieler aus Ost- und West eingenistet hatten. Auch bei der EM 2013 gab´s mit Medaillen seiner nicht mehr ganz taufrischen Epigonen positives Feedback und feine Schlagzeilen. Zwei, drei Jahre später war die Schlager-Akademie dann Geschichte nicht nur mit schlechter Nachred´, sondern auch mit Anzeigen und Anklagen, die Werner sozusagen Pingpong auf die Gerichtsbank setzten, ganz so, als hätte der mehrmals Vergoldete goldene Löffel gestohlen. Abgestempelt ganz ohne Briefmarke. Andersrum: Vom Himmel zur Hölle.
Um nicht nur auf diesen großen Champion in einem Weltsports anzuspielen, so kann sich meine Wenigkeit des Eindrucks wie des Gefühls kaum erwehren, dass dieses Land aus welchen Gründen auch immer Weltmeister darin ist, vielen seiner Granden nicht nur zu Lebzeiten, sondern auch posthum noch Stricke zu drehen oder sie zumindest aus dem (Business-)Paradies zu verjagen. Nicht nur Schlager, auch ein Neuper, neuerdings Buch-Autor, ein Krankl, Jahre nach seinem Tod ein Idol wie Toni Sailer, ebenso ein in den USA respektierter Toni Fritsch und andere könnten Lieder davon singen, was alles passiert, wenn skandalhungrige Medien der Teufel reitet oder eine frustrierte, kleinkarierte Nomenklatura samt Kommiliton(inne)n der Neid frisst.
Den WM-Triumph und sein Happy-Family-Leben mit Kindern kann Schlager, dem Hit von Gestern, niemand nehmen. In diesem Sinne: All the best, Freund Werner, in dein halbes Jahrhundertnest…