Auch auf die Gefahr, dass ich wieder als Negativist, Nestbeschmutzer oder welch schmückender Beinamen sonst ich hingestellt werde, so muss ich auf den dürftigen Österreich-Bezug des größten LA-Meetings in Österreich hinweisen, auf den weltweit anerkannten, respektierten Mehrkampf-Klassiker in Götzis im Ländle. Nicht nur, dass hier im Lauf eines halben Jahrhunderts sogar Weltrekorde aufgestellt wurden, nicht nur, dass da auch heimische Athleten neue Maßstäbe gesetzt haben, man denke nur an Sepp Zeilbauer, an Georg Werthner, zuletzt an Dominik Distelberger und/oder eine Ivona Dadic oder Verena Preiner, verheiratete Mayr – fast jeder/jede aus dem engsten oder weiterem Kreis der Weltelite gab sich Ende Mai/Anfang Juni beim Klassiker der Klassiker die Klinke in die Hand.
Wie früher dss deutsche Trio Hingsen, Wenz und Voss, wie die Götzis-Weltrekordler Daley Thompson (GB) und Roman Sebrle aus Tschechien, wie US-Star Ashley Eaton, wie der Franzose Kevin Mayer oder der aktuelle Olympiasieger und mit dem davor genannten Trio vierte 9000-Punkte-Star Damian Warner aus Kanada, der zur Halbzeit mit teils tollen Einzelleistungen führte. Ja, das ist das große Erbe des Götzis-Erfinders Konrad Lerch, zu dessen drei Mitstreitern, das sei erwähnt, auch der spätere ORF-Star und Sportchef Elmar Oberhauser gehörte, der ebendort daheim war und ist.
Zwischen den Gründervätern Lerch (r.) & Oberhauser der erste Götzis-Weltrekordler und Olympiasieger Daley Thompson.
Das Meeting, 1975 auf der fast nagelneuen Kunststoffbahn im Mösle-Stadion aus der Taufe gehoben, war nicht zuletzt auch ein Tribut an die rotweißroten Mehrkampfstars Zeilbauer (Junioren-Vizeweltmeister), dann Werthner und Konsorten gewesen, die sich in der Weltklasse etabliert, ja zwischendurch sogar die Weltrangliste angeführt hatten. Das kleine Österreich hatte sich in, aber auch nach der Prokop-Gusenbauer-Janko-und danach Käfer-Ära auf einmal als Mehrkampf-Großmacht etabliert, das sich dank Lerch und Co mit der Gemeinde Götzis von heute auf morgen als Mekka der LA-Könige und La-Queen etablierte.
Sepp Zeilbauer setzte sich in Götzis einmal an die Weltspitze. Zehnkampfkollege Werthner formte einst Sarah Lagger.
Ja, das war einmal, ganz so wie in der Brüder Grimms Märchen. Beim heurigen Meeting glänzt rotweißrot bei den Herren durch Abwesenheit – und bei den Damen hält ohne Dadic und Mayr ein Trio die Fahnen nicht gerade sehr hoch, findet man es doch unter den verbliebenen 26 Siebenkämpferinnen nach vier Disziplinen ziemlich abgeschlagen nur auf den Rängen 21 (Schuler), 22(Lagger) und 23 (Posch). Am meisten schmerzt dabei, um vielleicht weniger LA-Beflissene daran zu erinnern, dass es sich bei der mittlerweile 22jährigen Sarah Lagger aus Kärnten, einer ehemaligen Werthner-Schülerin, um eine ebenso ehemalige U20-Weltmeisterin, Junioren-Vizewelt- und Vizeeuropameisterin handelt. Von ihr hatte man nach Gold, Silber und sogar noch nach U23-EM-Bronze, was eher schon einen Abwärtstrend angekündigt hatte, eine Faust im Nacken von Ivona und Verena erwartet – und eine seriöse Anwärterin auf alle möglichen Medaillen als Größe auch bei den Großen in der Allgemeinen Klasse.
All das erwies sich bis jetzt zumindest als ungespielte Zukunftsmusik, weil sich Dissonanzen vor allem in Form von Verletzungen eingeschlichen haben. Die Gründe, warum dem so war in so jungen Jahren, entziehen sich meiner Kenntnis. Ich find´s nur traurig, dass sich das alles unter dem Radar des öffentlichen Interesses abspielt, das sich viel mehr mit Bayern und Kahn, Borussen und Pleite, Thiem und French Open, Monaco und Verstappen beschäftigt. Und mit dem Diskushünen Weißhaidinger, einem der weltbesten Schwerathleten unter den Leichtathleten, dessen bisher schon errungen Erfolge und erreichten Medaillen die weniger erfreulichen Kehrseiten zudecken. Das Mehrkampf-Juwel Götzis ist aus rotweißroter Sicht eine davon. Zum Leidwesen seiner Gründerväter!