Tennis

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Der grandiose Formulierer Wilhelm Busch hätte auch recht gehabt, wäre es nicht um Max & Moritz, sondern um Tennis gegangen. Genauer gesagt, um das vermeintlich einseitige Damen-Finale der US-Open 2020 in Flushing Meadow. Hand aufs Herz, wer hätte gedacht, dass Viktoria Azarenka beim Stande von 6:1, 2:0 und Breakball zum 3:0 das Spiel noch aus der Hand geben und die bis dahin chancenlose Naomi Osaka noch Titel und Trophäe holen würde!

Aber Tennis ist eben anders, weil der Schlagabtausch mit Schlägern statt Handschuhen und mit Bällen statt Fäusten – verzeihen Sie den Vergleich – eben eine sublimierte, nur mental schmerzliche Form des Boxens ist. Justament, als die bis dahin groß auftrumpfende Tennis-Mama aus Minsk offenbar zum entscheidenden Schlag auszuholen schien, traf sie der nicht mehr erwartete Konter der mit dem Mute der Verzweiflung kämpfenden Japanerin sozusagen auf den Punkt! Ein „Wirkungstreffer“, von dem sich Azarenka trotz mehrmaligen, kurzfristigen Aufbäumens nicht mehr erholen und, welch Ironie am Rande, mit dem gleichen Resultat verlieren sollte, mit dem sie die sentimentale Favoritin Serena Williams davor aus Rekordträumen geholt hatte – 6:1, 3:6, 3:6. Alles, was vorher war, war nur noch Makulatur. So schnell bergauf oder bergab kann´s im Tennis gehen. War auch bei Sascha Zwerew gegen Carreno Busta nicht anders…

Unsereins hätte es ja gewundert, hätten Moderator oder Medien der mittlerweile zweimaligen US-Open-Siegerin nicht auch das aktuell allgegenwärtige Rassismus-Thema in den USA aufgegriffen. Lag ja auch auf der Hand, da die gute Naomi von Runde zu Runde stets eine andere Maske mit dem Namen eines von Cops getöteten Afro-Amerikaners getragen hatte – quasi als ins Auge springenden Beweis, wie sehr sich die in New York lebende, von Belgier Wim Fissette betreute Tochter eines Haitianers mit einer Japanerin mit diesem Problem auseinandersetzte. Kurzum, fast schon so was wie ein Wunschkonzert einschlägig orientierter Medien, bei dem die um neun Jahre ältere, durch viele Wässerchen geschwommene Besiegte aber nicht so mitspielte wie vielleicht erhofft.

Schon gar nicht auf Fragen, inwieweit diese Thematik den Jung-Twen beschäftigt haben könnte. Wer weiß, welche nicht nur heiklen privaten, sondern womöglich auch brisanten politischen Fragen sonst auf den Tennis-Stolz aus dem ins Visier geratenen, nicht gerade vorbildlich demokratischen Lukaschenko-Land hätten folgen können. Wer jahrelang auch bei Gericht ums Sorgerecht seines Kleinkindes Leo gekämpft hat, der weiß natürlich, dass es besser ist, auf die Lippen zu beißen statt sich die Zunge zu verbrennen. Und dass noch so bittere Fehler/Fehlschläge wie in ihrem dritten verlorenen US-Open-Finale auch da sind, um aus ihnen (siegreich) zu lernen. Schließlich gilt das Busch-Zitat irgendwann bei einem Major-Turnier für sie auch andersrum: Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt

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