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Fabelhaft natürliche Mikaela Shiffrin: Stenmark auf den Fersen und magische 100 vor Augen

Im Jahr eins nach der völlig unerwarteten medaillenlosen Olympiapleite von Peking ist Mikaela Shiffrin, seit geraumer Zeit die bessere Hälfte des Speed-Oberelchs Alexander Aamodt Kilde, drauf und dran, ein ums andere Mal Ski-(Weltcup)-Geschichte zu schreiben. Hatte sie schon im ersten Riesenslalom von Kronplatz ihre weit extrovertierte bis exzentrische US-Landsfrau Lindsey Vonn mit dem 83. Triumph als Rekordsiegerin bei den Frauen abgelöst, schickt sich Shiffrin im tschechischen Spindler Mühle jetzt an, mit einem Doppelpack und Sieg 86 endgültig zu der seit mehr als 30 Jahren führenden Schweden-Ikone Ingemar Stenmark aufzuschließen – jenem Schweden, der ausnahmslos in Slalom und Riesenslaloms gewonnen, aber in seinem Rennfahrerleben seine einzige Weltcupabfahrt just auf der gefürchteten Streif bestritten und mit großem Rückstand auch heil beendet hat!

Aber anders als der in jungen Jahren derart verschwiege Schwede vom Skidorf Tärnaby, aus dem sich in den frühen Rennjahren wenn überhaupt höchstens ein paar schwedisch-englische Worte kitzeln ließen, redet die inzwischen 27jährige US-Amerikanerin in ihrer Muttersprache, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Und bewies selbst dann, wenn ein TV-Kollege (vielleicht auch aus falscher Scham, weil ihm das Thema unangenehm war…?) den ermüdenden biologischen Zirkel mit ermüdenden Umdrehungen am Rad übersetzt, sowohl Verständnis als auch insofern Humor, dass sie sich für Facebook-Aufnahmen auf das Rad-Ergometer setzte. Wäre sie ein heimisches Dirndl vom Lande, das des Deutschen mächtig ist, so würde sie sich optimal(er als andere) als Testimonial für “Natur pur” eignen, oder?

Im familiären Umfeld und behütet von Mama Eileen als Mädchen für alles auf- und dabei auch zur Rekord-Siegerin  gewachsen.

Anders als bei Lindsey Vonn, die sich schon in ihrer besten Rennläuferinnen-Zeit, aber auch danach als sportliche Antwort auf andere It-Girls ebenso wie als oft höchst transparent gekleidete Femmes Fatale der Society-Szene verstanden und stilisiert hatte, regiert bei Shiffrin wie in ihren Mädchenjahren die entwaffnende Natürlichkeit. Sie ist mit ihren immer neuen Rekorden die zumindest erfolgreichste Ski-Königin der Gegenwart und aller Zeiten, kehrt aber in ihrem Wesen nie so etwas wie ein in höheren Sphären schwebende Pisten-Queen hervor. Das mag zwar eine angeborene Charaktereigenschaft sein, hat aber auch ganz sicher damit zu tun, dass sie in einem familiären Umfeld mit der Frau Mama Eileen als „Gluckhenne“ und dem leider vor zwei Jahren plötzlich verstorbenen Vater aufgewachsen ist, erst an der Ostküste, dann in Vail in Colorado, wohin der Herr Papa, ein Chirurg, sein Betätigungsfeld verlagert hatte, damit die Tochter näher bei schneesicheren Pisten aufwachsen konnte.

Wie stark die familiären Bande bei Shiffrin sind, das hat sich auch gezeigt, als sie nach dem Verlust des Vaters, aber auch der Ostküsten-Oma, die ihr früher als größter Fan immer die Daumen in Killington gedrückt hatte, auch sportlich in eine Krise gerutscht war, der sie aber inzwischen mit neuer Motivation, in alter Frische und in einer schon als Kind frühzeitig ein- und angelernten, perfekten Technik davongefahren ist. Bei Mikaela Shiffrin war und ist alles nur eine Frage der Zeit, wann sie nächste WM-(Gold)-Medaillen gewinnt und wie schnell sie neue Rekorde aufstellt. Als Allround-Größe, die schon in allen Disziplinen triumphiert hat, im Zeitalter der Spezialisten womöglich für die Ewigkeit. Die Hundert ist die neue magische Zahl, die darauf wartet, erreicht oder gar  überboten zu werden. In diesem Sinne: Ad multas victorias!

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