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Im Schweiß ihres Angesichts da, heiße Luft aus hohler Hand dort

bora-hansgrohe

Das Guinness Book of Records wartet darauf, dass Sonntag möglicherweise ein Superlativ eingetragen wird. Jedenfalls hat´s so etwas nie zuvor weder in der Tour de France noch im Giro d´Italia oder der Vuelta jemals gegeben, dass zwei Radprofis mit der gleichen Zeit im abschließende Zeitfahren über knapp 16 km hinein nach Mailand um den Gesamtsieg rittern – beide nur getrennt durch die Tatsache, dass der Australier Jay Hindley aus Perth im zweiten Rennen gegen die Uhr schneller war als sein insgesamt zeitgleicher britischer Gegner Ion Gheorghian Hart. Jetzt, da es um den Triumph im zweitgrößten Rundfahrtklassiker geht, könnte sich über die Kurzdistanz von 15,9 km ein noch engeres Duell entwickeln als seinerzeit beim legendären Tour-France-Drama, in dem der US-Amerikaner Greg LeMond den (leider früh verstorbenen) Franzosen Laurent Fignon nach mehr als 3500 km sozusagen auf der Zielgeraden noch um läppische acht Sekunden abgefangen hatte. Werden es diesmal gar nur zwei oder drei, fünf, sechs oder sieben Sekunden sein, um das knappste Resultat alle Klassiker-Rundfahrten zu fixieren? Kein Dramatiker hätte einen grandioseren Final Countdown schreiben oder ein Dramaturg auf die Bretter bringen, besser: in den Sattel heben können.

Wie immer das Zeitfahren und damit auch dieser Giro d´Italia endet – das Ergebnis liefert nur einen weiteren Beweis dafür, wie eng es heutzutage im (Welt-)Sport zugeht, wie dicht die Spitze beisammen liegt und wie sehr es mitunter auf Details ankommt, die man als TV-Zuschauer mitunter nicht einmal mitbekommt, in denen aber der Defekt-, Sturz- oder Krankheits-Teufel steckt. Auch wenn der Abstecher nach Frankreich und über Pässe wie den Izoard und Montgenevre dem Corona-Diktat zum Opfer gefallen war – dreimal rauf ins 2000m hohe Sestriere am vorletzten Tag eines der selektivsten und schwersten Giro-Trassierungen waren alles, nur nicht ohne. Umso beachtlicher, größten Respekt abverlangender darum die Top-Ten-Resultate von Patrick Konrad, der als Achter ins Finale radelt, und vom früheren Mountainbiker Hermann Pernsteiner (10.), die obendrein mit weiteren zweiten, dritten und anderen Top-10-Etappenplätzen unterstrichen, dass sie zur Weltklasse der Rundfahrt-Spezialisten gehören.

Darum wär´s höchste Zeit, diese Leistungen auch medial richtig einzuordnen, also vor allem in Relation zu sogenannten „neuen“ Event-Sportarten, was immer das heißt und wer immer dabei auftrumpft, als Weltklasse-Akt zu würdigen und zu schätzen. Zeitgeist hin, Tabloid her, was Konrad und Pernsteiner in diesem extrem schweren Giro im Schweiße ihres Angesichts geleistet haben, das ist Schwarz auf Weiß in Ranglisten und in Gesamtzeiten dokumentiert. Und ganz sicher mehr wert als fast schon tägliche Mutmaßungen, wenn nicht Spieler-freundliche „Inserate“, wer aller sich von den europäischen Spitzenklubs um einen Alaba bemüht und mit wem der gute David samt Management schon heimlich hinter dem Bayern-Rücken verhandelt oder gar einig sein soll. Wo Pseudo-News den Sport immer mehr verdrängen, dort darf man sich nicht wundern, wenn es in vielen Teilen des rotweißroten Sports den Bach runtergeht. Letztlich lebt der Sport vom Sport und echten Sporthelden, nicht aber von mitunter irreführenden Schlagzeilen-Spekulationen aus hohler Hand, die sich als heiße Luft entpuppen.

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