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Legende Osim oder: Leiser Fußballweiser schon vorm Achtziger

Man kommt dieser Tage aus den Ehrungen nicht heraus. Vor kurzem war´s Heinz Prüller, nicht nur, aber vor allem Formel-1-Stimme, die ihren 80er feierte. Am 6. Mai ist nun die Trainer-Legende Ivica Osim an der Reihe, ebenfalls gesundheitlich angeschlagen und gezeichnet von einem Schlaganfall, der schon vor mehr als einem Jahrzehnt seine Karriere als Trainer beendete. Osim, Bosnier aus Sarajevo, einst Torjäger bei Zeleznicar und im Nationalteam Jugoslawiens (8 Tore/16 Spiele), lernte später als Frankreich-Legionär in Straßburg auch Heinz Schilcher kennen, der ihn in den 90er-Jahren nach Graz und zu Sturm lockte. Was Osim aus den „Blackies“ machte, ist inzwischen eine Klub-Geschichte voller Highlights.

Anders als sein umtriebiger, lautstarker, omnipräsenter damaliger Vereinspräsident Hannes Kartnig blieb Osim ein oft ausdrucksloser, wortkarger, introvertierter, aber umsichtiger Leisetreter mit eigenwilligen Marotten – wie etwa dem Haltegriff a la Tramway auf der Trainer-Bank. Es hatte zwar einige Zeit gedauert, bis er die mehr oder weniger jungen Grazer auf Trab brachte, aber vor und zur Jahrtausendwende drückte Osim nicht nur dem Sturm-Lauf zu den ersten zwei Meistertiteln und drei Cupsiegen den Stempel auf, rund um das magische Dreieck Reinmayr-Vastic-Haas baute er auch eine Mannschaft auf, die mit der Qualifikation für die Zwischenrunde für die bisher höchsten Highlights österreichischer Klubs in der Champions League sorgte.

Als sich Osim mit Kartnig überwarf, endete beiderseits eine Erfolgs-Ära mit unterschiedlichen Konsequenzen. Osim, der sich von Graz nach Fernost verabschiedete, war erst Klub-Trainer, dann Teamchef in Japan, wo ihn ein Schlaganfall für immer als Trainer außer Gefecht setzte. Längst lebt Ivica Osim wieder in der steirischen Hauptstadt, der zweiten Heimat eines Bosniers, der in den Wirren des Balkan-Krieges und der Spaltung Jugoslawiens seine echte Heimat verloren hatte. Zu seinem runden Geburtstag gibt´s für den eingewanderten, dann verlorenen und wiedergewonnen Sohn und Vater der größten Sturm-Erfolge der Geschichte eine Ehrung mit einem Orden, den Landeshauptmann Schützenhöfer im kleinen, familiären Kreis überreichen wird. Bescheiden, zurückhaltend, ohne Tamtam, ohne Pauken und Trompeten und ohne große, allzu laute Worte. Halt so, wie Ivica Osim immer getickt hat. Ein Fußballweiser – schon lange vor dem Achtziger. Oder frei nach seinem Kollegen Johann K.: Legendär!

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