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Nachruf auf “Box-Doktor” Sigi Bergmann, einen meiner längsten Weggefährten

Es geht leider Gottes Schlag auf Schlag. Kaum wurde der viel zu früh verstorbene Ronnie Leitgeb begraben und verabschiedet, hat uns jetzt Doktor Sigmund Bergmann verlassen, der für alle, die ihn näher gekannt haben, nur der Sigi war. Bei ihm war´s kein Blitz-Tod, sondern einer nach einem längeren, schweren Leiden, das ihn zuletzt auch weitgehend aus dem sportlichen Alltag verbannt hatte. Von den 84 Jahren, die der gelernte Sänger und angelernte Boxexperte, der Filmemacher und Moderator, der Kommentator und Kollege gelebt hat, hab´ ich Bergmann mehr als 50 Jahre gut gekannt, mehr noch: wir waren spätestens seit dem 67er-Jahr eng verbunden. Einfach deshalb, weil wir beide, der Sigi beim Volksblatt, meine Wenigkeit bei der „Presse“ uns als Nachrichtenschreiber bei den ORF-Wochenendsendungen als “Freie” ein Körberlgeld verdient haben. Gemeinsamkeiten, die uns über Jahrzehnte ebenso verbunden haben wie der Hansee der Nation, das später gefallene Boxidol Orsolics, das der Sigi im christlichen Geist seiner Erziehung immer wieder aufgefangen hat – und mit dem er noch nach dem 80er gemeinsam ein Buch schrieb.

Sigi Bergmann, eine ORF-Kultfigur, der der Bischof-Onkel-Steidt den Weg bereitete und den Hans Orsolics populär machte.

Nicht nur Orsolics, auch viele unserer erfolgreichen Leichtathleten, vor allem aber Randsportler, derer er sich in seinen verschiedenen TV-Sendungen annahm, waren ihm im Laufe der Jahrzehnte ans Herz gewachsen, die Rodler, die Segler, die Schwimmer, die Judoka – und natürlich die Boxer, ob hartgesottene oder schon weicher geklopfte Profis ebenso wie die blutigen olympischen Amateure. Als der „Ring-Doktor“ schon in Pension war, da wurde er von seinem Langzeit-Arbeitgeber ORF aus dem Ruhestand geholt, um zu kommentieren und zu analysieren, zu dessen Lebzeiten auch mit dem intellektuellen Kabarettisten und Box-Freak Werner Schneyder. Sigi, das war für viele eben eine Kultfigur aus alten Zeiten, die sie nicht missen wollten – und von der eine andere Kultfigur, der ehemalige Mister Formel 1, Heinz Prüller, bei der Meldung von Bergmanns Tod gemeint hat: „Wieder einer weniger vom Wunderteam… “

Alles eine Frage der Perspektiven, die sich mit Generationen wahrscheinlich so verschieben wie die Vorlieben oder Antipathien. Von Sigi, meinem langjährigen Wegbegleiter, den ich gerne Freitag zu meinem (antizyklischen) 79er samt Schröcksi-Buchpräsentation so eingeladen hätte wie zu meinem 75er und er mich vice versa zu seinem 80er, kann ich mit Fug und Recht sagen: Ein Mensch mit menschlichen Reaktionen und Gefühlen, auch bedingt durch seine Kindheitsjahre im Zweiten Weltkrieg, in denen sein Vater in Gefangenschaft geraten war und er seine Mutter verloren hatte, beim späteren Bischof Josef Steidt im Kloster Vorau sowohl Zuflucht als auch Heim gefunden hatte. Als er mit Onkel Steidt dann nach Wien kam, wurde der Stephansdom seine zweite Heimat, in dem er ministrierte, in dem er – psst: nichts verraten – sogar Fußball spielte und schließlich seine Frau Ingeborg heiratete, die ihm zwei Töchter schenkte. Eine davon machte große Sportkarriere als Lisi Bergmann – die erste heimische Rhythmische Sportgymnastin, die sich für Olympische Spiele (Seoul 1988) qualifizierte. Die Töchter machten ihn auch zum Großpapa. Nicht einfach. Gleich mehrfach. Sie waren sein Stolz.

Eigentlich wollte Sigi, der so eine kräftige, gutturale Stimme hatte, ja Opernsänger werden. Aber er wurde weder das noch Lehrer, sondern als einer der prägenden TV-Journalisten einer meiner langjährigen „Kampfgenossen“, die wissen, was man gegenseitig an sich hat. Er ist eine große Nummer geworden und gewesen, aber eben Mensch geblieben, mit dem man über alles und jedes reden konnte. Einer, der sein Leben lang die Zuckerkrankheit ad acta gelegt, ja mit Insulin quasi besiegt hatte. Gegen das letzte Leiden war er machtlos. Sigi, alter Kumpel, du bist unvergessen. Ruhe in Frieden.

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