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Statt Industriellenfrau soll jetzt ein Kärntner “Medizinmann” den Fußballbund kurieren

Mein ehrwürdiger Kollegenfreund, mehr noch: einer meiner Mentoren als Jungjournalist, „Krone“-Grandseigneur Michael Kuhn, dachte sich vor gut drei Jahrzehnten: Warum kein Sport-Adabei, wenn die Leser sonst so gerne durchs Society-Schlüsselloch schauen, ob einst bei Roman Schliesser oder seinen Nachfolgern? Was angedacht war, um mit Randstorys zusätzliches Interesse am Sport aufzuzuckern, hat inzwischen eine diametral gegensätzliche, geradezu galoppierende Entwicklung, genommen. Mittlerweile nämlich ist´s ja, man lese nur die täglichen Online-Portale, aber auch Tageszeitungen, fast schon so, dass der Sport nur noch zum Drüberstreuen auf Adabei-Storys genützt, fast schon missbraucht wird.

Da kommt unsereins aus dem Staunen nicht heraus, welch Kapriolen die aktuelle „Sportberichterstattung“ schlägt – oder fast schon Doppelsalti über den Sport mit Liebesgeschichten ohne Heiratssachen, Selbstinszenierungen und PO-situren von Kindesmüttern (von Superstars), Gerüchteküchen, Spielertransfers oder Trainerkarussells bis zum fröhlichen  Ratespiel: Wer wird der/die neue Präsident/in des österreichischen Fußballbundes. Trotz der Devise: Frauen vor, noch ein Tor, gaben die sogenannten ÖFB-Granden der  angeblich von der Bundesliga forcierten Diana Swarovski-Langes einen Korb.

Nicht die attraktive und offenbar auch dynamische Klub- und Sponsor-Chefin von WSG Tirol, einst Ableger von Wacker Innsbruck (unter Gernot Langes-Swarovski), jetzt Tirol-Mohikaner in den beiden Bundesligen, machte das Rennen, sondern der für viele kaum bekannte Kärntner Klaus Mitterdorfer, den der Vorstand aus dem Hut zauberte. Wider Erwarten. Ob der juristisch gebildete “Medizinmann” aus Kärnten mit dem versprochenen Ärmelaufkrempeln auch so fortschrittlich Hand anlegt, wie das alle möglichen Aufräumkommandos in vielen Sportbereichen tun, wird sich weisen. 

Als ÖFB-Boss aus dem Hut gezaubert: Klaus Mitterdorfer. Es wäre zu schön gewesen, um wahr zu sein: Diana Swarovski-Langes.

Alles ist ja mittlerweile auf Neudeutsch Upside Down, also auf den Kopf gestellt. Oder man gaukelt uns vor, dass es so ist, wie es manchmal doch nicht ganz so ist. Ich sage und schreibe das bewusst deshalb, weil gestern beim Einzug der FC Barcelona-Frauenfußballerinnen gegen Chelsea (1:1 nach 1:0 in London) ins Champions League-Finale um die 70.000 Fans im Nou Camp für tolle Stimmung und größeren Jubel als die so gut wie designierten spanischen Männer-Meister sorgten.

70.000, welch ein Publikumsmagnet! Ja, dem Frauenfußball gehört die Zukunft nach dem Motto: alles neu macht der Mai! Ich bin darauf gefasst, verbal geprügelt zu werden, halte aber trotzdem fest, dass ich es ein bisschen anders sehe, weil es sich hierbei um eine der berühmten und maßlos überschätzten Ausnahmen von der Regel handelt. Da muss man sich nur anschauen, wie wenige Fans sich selbst bei Spitzenspielen der deutschen, aber auch den meisten englischen Frauen-Ligen auf den Nebenschauplätzen, also kleinen Arenen, und nicht den großen Stadien verlaufen. 

Daran können die von oben diktierten, geradezu euphorischen Goodwill-Kommentare bei Live-Übertragungen nichts ändern, die Mainstream-Phrasen füllen weder leere Plätze noch ersetzen sie fehlendes Tempo, knallharte Schüsse oder technische Mängel. Die Frauen haben zwar schon große Fortschritte gemacht im Laufe der Jahre, aber die Art und Weise, wie sie im Rahmen ihrer (physischen) Möglichkeiten spielen, kann man mit Tempo, Härte und weiteren Qualitäten der männlichen Beletage bei weitem nicht vergleichen, geschweige dass es im allgemeinen Gendern um jeden Preis auch die lauten Rufe nach finanzieller Gleichstellung rechtfertigen würde.

Wär´s anders, würden die deutschen Nationalspielerinnen nicht verwundert bis frustriert darauf reagieren, dass sich die Fifa zumindest bisher noch mit keiner TV-Station auf den Verkauf der Fernsehrechte für die WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August 2023) hat einigen können – schon gar nicht um den ziemlich hohen Preis, den der Weltverband fordert. Anders als die Deutschen, die immer zum engsten Favoritenkreis zählen, kann man hierzulande eine Mattscheibe leichter verkraften als bei den großen Fußballschwestern. Österreich ist nämlich 5 vor zwölf in der Qualifikation gescheitert – und darum leider nicht dabei. Auch die tolle Idee, auch ohne neuem Logo dem Skiverband folgend, eine Frau an die ÖFB-Spitze zu holen, blieb ein Wunschtraum. Abwarten, wie gut die Rezepte sind, die der Vizepräsident der Kärntner Ärztekammer bei der Hand hat. Mit Herumdoktern aber kommt man nicht weiter… 

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