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Superbowl, Brady und All the way USA, Made in Austria

Ich finde es richtig putzig bis lustig, dass sich die heimischen Gazetten richtiggehend überschlagen vor Begeisterung über den American Football, der in Europa vor 45 Jahren nicht Fuß hatte können trotz eines österreichischen Vorzeige-Kickers und vormaligen, populären Rapid- und Wembley-Helden namens Toni Fritsch, Gott hab ihn selig. Jetzt wird fast schon nationale Euphorie verbreitet nicht nur über den heimischen Randsport, als wäre er die Nr. 1 im Sportlande, man kann die Superlative gar nicht mehr übersteigern, dass ein gewisser mehr als 40-jähriger Football-Star namens Tom Brady, seines Zeichens Quarterback oder Egghead (Kopf des Teams), jetzt mit sieben Superbowl-Siegen in die NFL-Geschichte eingegangen ist. Auch als erster, der mehr Titel geholt hat als jeder einzelne NFL-Klub, und auch als erster, der in Tampa das Gesetz der Serie gebrochen hat mit den Tampa Bay Buccaneers, dass ein Heim-Team den Milliarden-Pott nicht gewinnen kann. Da wird uns auch mit dem Hinweis auf (heuer leider nur virtuelle online-) Superbowl-Parties suggeriert, dass ganz Österreich im totalen Football-Rausch ist, ganz besonders von all jenen (TV- und sonstigen) Medien, die von den Amis die Übertragungsrechte deshalb gratis oder billig bekommen haben, damit die potenten Sponsoren in der neuen, globalen Welt sich ebendort präsentieren können samt Männern in Monturen, die an gepanzerte Marsmenschen erinnern. Motto: All the way USA! Früher nannten Amis die Superbowl sogar Weltmeisterschaft wie beim Baseball (World Series), obschon Football weniger gespielt wird als die Rohversion Rugby!

Als Reporter, der anno 1973 mit einem TV-Team auch bei Fritsch und den Dallas Cowboys gedreht hat über und mit 100m-Olympiasieger Bob Hayes als Running Back, dem legendären Quarterback Roger Staubach, dem ebenso berühmtem Headcoach Tom Landry und dem dubiosen Bob Kap, aus Jugoslawien stammender „Commissioner“ und Fritsch-Free-Kick-Entdecker (auf der Hohen Warte), später auch noch bei Gunter Enz in San Diego (Chargers), denke ich schon, ein klitzekleiner Kenner dieser Szene zu sein. Und als langgedienter Sportmensch im Lande weiß ich auch, dass wochen-, nein; Monate lang im Vorfeld der Superbowl mehr Werbung für Football als für Fußball gemacht wird. Nichtsdestotrotz sei festgehalten, dass alles in allem nur an die 340.000 Zuschauer (von spätabends bis frühmorgens) sich – gratis – das Football-Spektakel im an sich eher für Kapserl-Sport (Ninja Warrior, Catch Me etc.) zuständigen Privatsender angeschaut haben, was in etwa nur ein Viertel der Einschaltziffer war, die etwa der Schladming-Slalom (in Konkurrenz mit ORF-2-Hajuptabendprogramm) in diesem Jahr hatte. Oder auch Kitz-Rennen, bei denen zu Maier-, Eberharter-, Hirscher-Zeiten weit mehr als 1,5 Millionen eingeschaltet hatten. Und da waren andere Konkurrenz- Sender wie Eurosport gar nicht dabei, nicht zu reden von Schicksalsspielen der Fußball-Nationalmannschaft. Ganz zu schweigen, dass der rührige American-Football-Präsident in heimischen Sportkommissionen der Capo ist. Einfach toll!

Zurück zu den Zahlen, die . so sagt man – nicht lügen. Das stimmt grundsätzlich, allerdings mit der Einschränkung, dass es stets darauf ankommt, in welchem Kontext man Zahlen hochschaukelt oder unterspielt, so ist das im Leben und nicht nur im Sport. Ich würde gerne wissen, wie viele von den 340.000 angeblich total enthusiasmierten, zum (halben) Teil weiblichen Football-Fans tatsächlich  unter dessen Helm und Schminke ein Gesicht vor Augen haben, wenn der in seinem Sport natürlich fabel- bis sagenhafte Tom  Brady von unseren Experten in den NFL-Himmel gehoben wird. Da geht´s nicht darum, die Extra-Klasse dieses mehr als 40-jährigen Ausnahmesportlers zu schmälern, sondern darum, sich aus welchen PR- und somit auch mit Geld und Vermarktung verbundenen Gründen kein X für U vormachen zu lassen.

Wieder zurück zu den Zahlen. Die 27 Spiele, die im Fernsehen live von der Austria-Football-Liga (live) übertragen wurden, verfolgten 1,6 Millionen Fans, was natürlich toll klingt, aber einen Schnitt von 59.000 TV-Zuschauern pro Match ergibt, was weit weniger eindrucksvoll ist. Und wenn sich die Superbowl im heimischen Kleinformat, sprich: Austrian Bowl, im St. Pölten-Schmuckkästchen dann etwa 5000 Football-Fans vor Ort anschauen, relativiert sich die überbordende TV- und auch Printmedien-Berichterstattung mit dieser Zahl auf etwas mehr als Wahrnehmungsmaß.

American Football hat seine eigenen Gesetze und seine eigenen Anhänger, auf Neudeutsch heißt´s ja supporter, aber immer noch weit mehr Support hat hierzulande bei allem Respekt der ganz normale Fußball, der bei uns noch immer nicht Soccer heißt. Und natürlich der (alpine oder im Triumphbogen auch Sprung)-Skisport, in dem wir solche Helden fabriziert haben im Laufe der Jahrzehnte wie drüben die Patriots und nun Buccaneers mit Tom Brady, der alle Rekorde geschlagen hat, ganz so, als hätte er das Ei des Kolumbus erfunden. Und genau darum wurde hierzulande noch einmal Amerika mit Football und Superbowl entdeckt. All the way USA, halt Made in Austria.

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