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Vom Rübezahl Opelka als Symbolfigur einer Tennis-Entwicklung

Mein alter, erfahrener und immer noch Bälle wechselnder Kollege und Freund Michael Kuhn wollt´s zwar angesichts der technisch perfekten, aber doch nur halbwegs erfolgreichen Tennis-„Liliputaner“ wie einst Santoro oder jetzt Schwartzman nicht wahrhaben, ich hingegen bin überzeugt, dass die Zukunft den Riesen gehört. Auch wenn der olympische frustrierte „Djoker“ (1,88), Nadal und Federer ebenso wie  der rekonvaleszente Thiem (jeweils 1,85) abgesagt haben, so war schon das Semifinale des 1000er-Masters und ist erst recht das Endspiel in Toronto ein weiteres Signal, in welche Richtung sich der Tennissport immer mehr entwickelt.

Der griechische Topfavorit Stefanos Tsitsipas, der Kleinste unter den letzten Vier mit schlichten 1,93m, wurde vom bärtigen Rübezahl-ähnlichen, 2,11m großen US-Amerikaner Reilly Opelka im wahrsten Sinn des Wortes abserviert und entnervt, während es im anderen Semifinale dem doch um zehn Zentimeter „kleineren“ Daniil Medwedew (1,98m) gelang, den 2,08m langen, aber dafür schon 36-jährigen US-Spätzünder John Isner auszuschalten. Der Größenschnitt der Toronto-Semifinalisten belief sich also auf etwa 2,03m Körpergröße, was unsereins auch der enorm gesteigerten Beweglich- wie Schnelligkeit der neuen Giganten wegen fast schon normal zu sein scheint. Und gerade deshalb klingt´s ja fast schon paradox bis kurios, wenn man sich der Zeiten erinnert, da man einen Becker seiner 1,88m wie Aufschlagstärke halber den Bumm-Bumm-Boris nannte und eine ehemalige Nummer 1, nämlich Stan Smith, übrigens nicht größer als Tsitsipas, also 1,93m, als den Turm von Pasadena titulierte.

Ja, die Zeiten haben sich schneller als gedacht geändert, nicht nur, aber vor allem die Menschen der Wohlstandsgesellschaft werden immer größer und die Großen jenseits von zwei Meter, die ehedem wie der unvergessene Erich Tecka (nur 2,02m) Körbe im Basketball verteilten, greifen inzwischen auch immer öfter und erfolgreicher zum Tennisschläger. Wie die 2,10m oder gar noch größeren Basketballer, die einst nur unterm Korb standen, mittlerweile dank spezieller Vorbereitung aber fast schon Wieseln gleichen, schlagen auch bei den Tennis-Giganten die fortgeschrittenen Trainingsmethoden immer besser an. Wer gesehen hat, wie der Rübezahl Opelka noch so raffinierte Schläge des griechischen Weltranglistendritten erreichte und auch noch so tiefe Bälle erwischte, der konnte nur noch staunen, wie der ehemalige Us-Collegemeister das macht und schafft…

Und dass solche Riesen mit dem immer besseren Material und der immer größeren Ballbeschleunigung mit immer größerer Effizienz gleichsam mit Highspeed um 230/240 km/haus dem ersten Stock oder bei zweiten Aufschlägen mit hohem Topspin nach außen servieren, das macht es verdammt schwierig bis mitunter unmöglich, ihren Aufschlag zu durchbrechen. Wenn Sie mich fragen, der die Tennisentwicklung seit den 50er-Jahren, seit den Zeiten der Australier, aber auch unseres Universalsportgenies Fredi Huber verfolgt hat, so bin ich gespannt, welche Konsequenzen die Experten in Regel-Reformen daraus ziehen, ob des tatsächlich dazu kommt, dass es wie in anderen Sportarten nur einen Aufschlag-, Elfer- oder sonstige Strafstoßversuche gibt. Oder es wie im Rudern oder Kampfsportarten wie das Amen im Gebet zu unterschiedlichen Klassen kommen muss.

So fabelhaft nämlich auch ein so universeller, mit Kraft wie Gefühl ausgestatteter Diego Schwartzman spielt – es wäre ein echtes Tenniswunder, würde der 1,69m kleine Argentinier jemals einen Grand-Slam-Titel gewinnen. Und das, mit Verlaub, ist eine Ungerechtigkeit nicht höherer Macht, sondern einfach einer Zeit, die über noch so talentierte kleinwüchsige Sportler mit Siebenmeilenstiefeln hinweggeht. Da haben´s die Fliegen- bis Leichtgewichtskämpfer im Ring noch immer leichter, dem Staub zu entkommen.

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