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Demir, Messi und eine Fußballgott-Lästerung

Wenn das ewig junge Wiener Fußballderby ansteht, also Rapid gegen Austria, Grünweiß gegen Violett, dann bieten sich natürlich millionenschwere neue Sponsoren zum einen, Spekulationen um große Karrieren oder lukrative Transfers zum anderen an, um das Interesse vor dem Duell der Duelle anzuheizen. Bei Austria wissen wir, dass sich ein georgischer Oligarch namens Sur (Kurzform) um ein paar Millionen eingekauft hat, damit sich die Violetten finanziell nicht mehr ganz so nach der Decke strecken müssen – und eventuell doch noch im oberen Play-off mitspielen können. Beim Salzburg-Herausforderer und Titelanwärter Rapid hingegen scheint alles Yusuf Demir zu sein, seit der türkischstämmige Teenager gegen Ried in letzter Minute mit einem Kunstschuss ins Kreuzeck ein spektakuläres Siegestor erzielt hat.

Yusuf Demir ist zweifellos ein großes Talent, gar keine Frage, aber wozu sich sein Klubkollege Ritzmaier – jener Ex-Holland- und aktuelle England-Legionär (Zweitdivisionär Barnsley), nur ausgeborgt von Rapid – zuletzt mit einem allzu kühnen Vergleich in einem Online-Interview verstiegen hat, das zeugt eher von verlorenem Augenmaß. Wenn er Demirs Künste im Dribbling und vor allem mit dem noch stärkeren linken Fuß im Training wie in Matches beobachte, so ließ uns Ritzmaier allen Ernstes wissen, dann lasse sich der knapp 18-jährige mit Messi vergleichen – jawohl mit Lionel Messi, einem der besten Kicker aller Zeiten! Immerhin hat Ritzmaier, als Schwab-Ersatz nach Hütteldorf geholt, noch angefügt, dass Demir weiter so an sich arbeite und sich entwickeln würde wie bisher. Konjunktiv. Wie alles andere.

Bei allem Respekt vor der Mündigkeit von Profis, die noch dazu viel Auslandserfahrung haben – irgendwer bei Rapid hätte da schon zum Schutz des talentierten Teenagers die Notbremse ziehen und sagen müssen: Schluss mit dem Theater, macht´s den Buben nicht mit verrückt mit lauter Flausen, die ihr ihm in den Kopf setzt. Noch spielt der gute Demir ja bei Rapid und in der heimischen Bundesliga, noch kommt er, was richtig und wichtig ist bei seiner Jugend, eher nur zu Kurzeinsätzen, in denen er sein großes Potenzial immer wieder aufblitzen lassen kann. Aber Demir und Messi, das ist so, als würde man einen aufgemotzten VW Polo mit einem 800-PS-Porsche oder einen Fiat Cinquecento mit einem Formel-1-Ferrari vergleichen. Relationen, die (zumindest noch) nicht stimmen, bleiben immer falsch. Und Yusuf an Lionel zu messen, das ist mehr als nur des Wahnsinns Beute. Das kommt einer Fußballgott-Lästerung gleich …  

Trotzdem schön, dass es wieder einmal ein großes Talent gibt, das zwar türkische Gene hat, aber auf unserem Mist gewachsen ist. Aber trotzdem sei aufgepasst, dass flockig-salopp dahergesprochene Vorschusslorbeeren nicht nur zur mentalen, sondern auch zur charakterlichen Last und Belastung für einen jungen Mann werden, die ihn in seiner Entwicklung womöglich hemmen. Auch was träumerische Prognosen betrifft, so wäre ein Schuss weniger ganz sicher ein Schuss mehr. Auch im Sinne von Demir, damit aus ihm wirklich ein Klassemann schlüpft. Es muss ja nicht gleich ein neuer Messi als einer der Allerbesten aller Zeiten sein …

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