Fussball

Historisches 2:0 gegen Italien, aber die silberne Ananas ist halt doch keine WM

 Er hat wohl den Nagel auf den Kopf getroffen, mein Kollege Hackl von hohem Standard, als er in seinem launigen Länderspielbericht anmerkte, dass unser deutscher Teamchef Ralf Rangnick in einem Duell mit Europameister und Exweltmeister Italien ein volles Stadion statt der mickrigen 18.000 Unentwegten erwartet hätte. Ich weiß nicht, ob er sich unter den geladenen Ehrengästen befunden hat, aber Hansi Buzek, 84, dem letzten noch Lebenden jener Mannschaft, die in der Wasserschlacht von Neapel anno 1960 mit einem 2:1 den letzten Sieg gegen Italien gefeiert hatte, hätte dennoch das Herz im Leibe lachten müssen.

Auch wenn es angesichts der kurz davor im heißen Wüsten-Katar angepfiffenen WM-Endrunde im eiskalten Prater nur um die silberne Ananas ging, so trumpften die gegen Andorra noch wie harmlose Papiertiger agierenden Österreicher gegen die Italiener vor allem vor der Pause so imponierend auf wie vordem unter Rangnick nur gegen Weltmeister Frankreich in der schlussendlich verpatzten Nation League. Ja, diese gegen beinharte Andorraner so zahnlose, aber auch an vielen Positionen veränderte, damit auch verstärkte, viel aggressivere und bissigere Rangnick-Truppe wirkte und spielte wie verwandelt: Hungrige Löwen statt papierener Tiger.

Anderer Gegner, andere Taktik, andere Herausforderung, also auch neues Spiel, in dem neues Glück und die Revanche fürs bittere EM-Aus gezwungen wurde. Und zwar in der Idealkombination von Spiel gegen und mit dem Ball, wofür sowohl die Kapitäne Alaba (Freistoß-Tor zum 2 :0) und Arnautovic (Assist zum 1:0) verantwortlich waren als auch der frühere Salzburg- und aktuelle Leipzig-Bulle Xaver Schlager, ein Spezialist in Zweikampf und Umschaltspiel. Sein Ballgewinn gegen Paris-Star Verratti in der italienischen Vorwärtsbewegung führte zum Blitz-Start mit dem schnellen Tor, das zumindest die erste Hälfte in diesem Match prägte.

Ob Italiens frustrierter Teamchef Mancini mit einem von ihm eingestandenen verfehlten taktischen Experiment dazu Vorschub geleistet hat, ist deshalb sekundär, weil man solche Geschenke auch dankend annehmen und kaltblütig ausnützen muss. Und diesmal legten die Österreicher trotz einiger verpasster Chancen auch viel mehr Effizienz an den Abend als in anderen Spielen. Allerdings waren es auch solche, in denen es um Punkte, Qualifikationen, Beletage oder Abstieg ging, also um die silberne, nicht einmal goldene Ananas.

Der Saisonabschluss mit dem erst dritten Sieg unter Rangnick mag zwar mehr als versöhnlich sein, auch als Moralinjektion für die schon im März beginnende EM-Qualifikation mit zwei Pflichtsiegen zum Auftakt dienen, trotz noch so schönen Erfolgen in freundschaftlichen Tests sollte man aber davor warnen, Vorschusslorbeeren mit echtem Vorschuss zu verwechseln. Wer sonst, wenn nicht die aktuelle Generation um Alaba, Arnie und Co. sollte besser wissen, dass Qualifikations-Duelle und echte EM-Spiele ganz andere, nämlich ihre eigenen Gesetze haben.

Wär´s anders, hätten unsere  Fußballhelden mit den ebenfalls gescheiterten Azzurri nicht im Eiskasten des Happel-Stadion gespielt, sondern wären in einer der klimatisierten Arenen im steinreichen Öl- und Golfstaat statt Wales mit dabei gegen die USA gewesen und nicht nur wie die trotz allen Boykottaufrufen immer noch eindeutige Mehrheit der Fußballfans als Fernseh-Zuschauer mit oder Fernweh…

PS: Ich möchte, nein: muss in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass ganz sicher da, aber vielleicht auch dort sogenannte Aktivisten in Wien jenen Gastronomiebetrieben mit Vergeltung gedroht haben, die die WM-Spiele in ihren Lokalen live übertragen. Und in diesem Zusammenhang muss auch der ORF aufs Korn genommen werden, der sich punkto Katar-WM als Januskopf entpuppt. Einerseits rühmt er sich, mit Servus TV alles Sportliche zu übertragen und zu analysieren, zum anderen geniert er sich nicht, mit geradezu lächerlich getürkten Um- und Suggestiv-Fragen mit ausgesuchten, deklarierten Anti-Sportlern oder eher skisportlich interessierten Frauen in anderen Sendungen die WM-Meinung zu manipulieren.

Natürlich muss der vor Ort in Katar befindliche, nicht gerade rechtsradikale Nahost-Korrespondent seine Worte vorsichtig wählen, hat aber sehr zum Staunen der Interviewer die Vorwürfe gegen die Katari ziemlich relativiert. Sportlich haben sie sowieso schon eine derart feste auf den Deckel bekommen, dass sich das Stadion beim 2:0 der Ekuadorianer im Eröffnungsspiel gegen die Gastgeber (auch eingekaufte Beute-Katari sangen lauthals die/eine Hymne!!!) schon vor dem Ende langsam leerte. Auch das wurde so verdammt, als wär´s eine katarische Novität, dass enttäuschte Anhänger dem grausamen Spiel ihrer Mannschaften vorzeitig den Rücken kehren. Da sollten halt solche mediale Aktivisten im Sky-TV zuschauen, wie es etwa in Old Trafford zugeht, wenn die Red Devils in des Teufels Küche kommen. Dann spielen auch sie Saalräumer – und das im Mutterland des Fußballs!

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