Ballsport

Junioren-Siege im Kleinformat sind zwar schön, aber nicht mehr als Vorschüsse

Kaum hat das neue Fußballjahr begonnen, gibt´s von den Wiener Traditionsvereinen Rapid und Austria nicht nur über neue Trainer oder Sportchefs zu berichten, die unbekannte Größen oder längst bekannte Figuren sind. Sowohl die grünweißen als auch die violetten Junioren haben bei internationalen Nachwuchsturnieren in Sindelfingen und in Göttingen groß aufgetrumpft, renommierte Klubs geschlagen und die Titel gewonnen. Wenn das kein Vorschuss auf eine tolle Zukunft ist, was dann, bitte vielmals? Logische Schlussfolgerung, gar keine Frage, hätten die Triumphe bei aller Euphorie nicht auch einen kleinen Haken, der sie ganz ohne Beckmesserei natürlich relativiert.

So schön die beiden Turniersiege, so wurden sie nicht auf dem normalen, großen Spielfeld errungen, sondern im Hallenfußball, in dem sich – ältere Semester, die sich noch am Stadthallenzauber mit Krankl, Prohaska und Spezialisten wie Reschützegger delektierten, wissen das – natürlich die Parameter und damit die Voraussetzungen verschieben. Wär´s anders, stünde Rapid ja mit jenen inzwischen erwachsenen Jung-Rapidlern, die schon vor drei Jahren beim Mercedes-Cup in Sindelfingen triumphiert hatten, ganz anders da als in der aktuellen Situation. Ode wie die Salzburg-Bullen in der Nachwuchs-Champions-League, einem anderen Kaliber…

Mir drängt sich der Vergleich mit einer anderen Ballsportart auf, in der die Schere zwischen Halle und Feld ganz schön weit aufgeht. Er bietet sich auch deshalb an, weil sich in den vergangenen drei Tagen in der Wiener Stadthalle sozusagen hinter dem Rücken der meisten Medien der Rohrmax-Cup im Hockey abgespielt hat, im Land- oder Feldhockey und nicht Eishockey. Und was Hallenhockey betrifft, so hat sich das kleine Österreich zu einer Großmacht entwickelt, die – wieder hinter dem Rücken der meisten Medien – bei den Herren mit Top-Legionären nicht nur mehrmals Europameister, sondern sogar Weltmeister geworden sind!

Jawohl, Weltmeister, um sich das auf der Zunge zergehen zu lassen. Welt- und Europameister mit hierzulande kaum bekannten Namen, die aber in Hockey-Hochburgen im Ausland als Topstars gehandelt wurden und werden wie etwa Benjamin Stanzl, von Fans zum Hockey-Messi(as) befördert, oder Evergreen Michael Körper, der als Hockey-Version von Goleador Hans Krankl seit vielen Jahren als Harvestehude-Ikone und Torjäger vom Dienst auch in Hamburg einen hohen Stellenwert genießt.

Hand aufs Herz, für wie viele Sportfans über Insider der Szene hinaus ist´s überhaupt bekannt? Auch deshalb nicht, weil Hallenhockey halt weltweit doch nur der kleine Bruder des Feldspiels ist, das seit Jahrzehnten zum festen Bestandteil der Olympischen Spiele gehört. Und da war Rotweißrot bei den Herren das letzte Mal vor inzwischen 71 Jahren in Helsinki dabei, sozusagen in der Steinzeit, als ein gewisser Josef „Sepp“ Pecanka sowohl im Hockey- als auch im
Fußballteam seinen Mann stand. Und auch die Fußballer haben ja seit damals keine fünf Ringe mehr erlebt.

Die meisten Grund-, aber bei uns oft nur Randsportarten wie Schwimmen, Leichtathletik, Handball usw. definieren sich vor allem über olympische Erfolge, das kann ich in Bezug auf Hockey aus eigener Erfahrung bestätigen. Vor mittlerweile fast 43 Jahren gab´s auch eine mediale Hochkonjunktur für Hockey, sprich: Damenhockey, als Österreich bei den Boykottspielen in Moskau mit den Pecanka-Töchtern, den Lorenz-Schwestern, der Spielmacherin Kindler und der Heumarkt-Schurl-Blemenschütz-Nichte als Fünfte nur knapp eine Sensationsmedaille verpassten.

Und wie die Dinge liegen, so sind´s jetzt die Töchter von emeritierten Hockey-Größen oder sonstigen Granden, die eine Neuauflage in Los Angeles 2028 im Visier haben, schließlich haben die U21-Girls in Blusen und Röcken ihre Gegnerinnen reihenweise aus der Stadthalle geschossen. Aber wie gesagt vom Parkett auf kleinem Raum. Und das ist halt bei allem Respekt vorerst nur höchstes Niveau im Kleinformat. Und darum auch mit ebensolcher Vorsicht zu genießen wie noch so schöne und medial noch so gut verkaufbare Juniorensiege bei den Nachwuchskickern von Rapid und Austria. Der Weg von der Micky Maus zur Mighty Mouse ist weiter, als viele glauben wollen …

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