Tennis

Thiem im Teufelskreis von Niederlagen, verlorenem Selbstvertrauen und tiefem Fall

Wieder nichts. Wieder verloren. Wieder keinen Satz gewonnen. Diesmal gegen den Nicht-Sandplatz-Spezialisten Andy Murray, der ihm um sechs Jahre und drei Hüft-OP´s voraus ist. Der unaufhaltsame Abstieg des Dominic Thiem geht weiter und weiter, der Fall tiefer und tiefer, die Top 100 sind für ihn, aber auch Tennis-Österreich schon Geschichte, die 200er-Grenze ist wohl bald überschritten.

Wie ehrlich und ernst es Murray wirklich meint, wenn er sinngemäß sagt, das würd´ schon bald wieder werden, nur Geduld und Mut, junger Freund, das lässt sich nicht taxieren. Ob nur Trostpflaster oder wirklich Balsam auf die inzwischen verheilten Wunden in der Handwurzel, es ändert nichts daran, dass unser bestes Aushängeschild seit Musters Zeiten und Siegen sich selbst, seine Einstellung, seine Körpersprache und wohl auch sein Umfeld ändern muss, damit es so schnell wie möglich zu einer Trendwende kommt.

Lange Turnierpause hin, fehlende Spiel- und Matchpraxis her – nichts ist gefährlicher als eine Niederlagenserie mit einer sich übersteigernden Abwärtsspirale an Selbstvertrauen. Je mehr die Verunsicherung wächst, je größer die Angst vor Fehlern, je geringer der Mut zum Risiko, desto fataler dreht sich der Teufelskreis in einem Individualsport wie Tennis, in dem man als Single-Spieler nichts und niemanden hat, an dem man sich festhalten kann.

Gegen wen Thiem in den ersten vier Matches seiner bisher zumindest unglücklichen, um nicht zu sagen: verunglückten Comeback-Tour gespielt hat, für unsereins als TV-Augenzeugen der meisten Niederlagen hat er sozusagen auch die Duelle mit sich selbst verloren. Wo er früher immer wieder dank der Konstanz seiner Schläge brilliert und triumphiert hat, so hat sich jetzt quasi eine Kontinuität der Fehlerhaftigkeit eingenistet, auch und vor allem bei der einst so gefürchteten Vorhand, aber auch bei anderen Schlägen mit zu wenig Ausreißern nach oben.

Und jetzt, da er immer weiter abgerutscht ist im Ranking, muss Thiem zwangsweise bei den kommenden Turnieren in  Rom, Lyon und dann, wenn er wohl eine Wildcard kriegt, auch in Roland Garros, in jene Rolle des krassen Außenseiters schlüpfen, die jahrelang seine Gegner gegen ihn gespielt haben. Er ist also dort angelangt, wo er vor knapp zehn Jahren gewesen war, damals allerdings als junger Stürmer und Dränger, der die Tenniswelt erobern wollte.

Jetzt hingegen geht´s für den nicht einmal noch 29jährigen Niederösterreicher, flankiert von Lili on the Valley und einer spanisch-chilenischen Armada, zunächst einmal darum, den fatalen, frustrierenden Abwärtstrend zu stoppen, um wieder von vorn beginnen zu können. Die Zeiten haben sich geändert, nichtsdestotrotz aber sollte sich Thiem ein Beispiel an noch viel größeren Namen nehmen, die sich wie Andre Agassi nach seinem Absturz (Nr. 144) ebenso wieder zurück gekämpft haben. 

Wie sein vielfach operierter Madrid-Bezwinger Andy Murray, der nach drei Grand-Slam-Titeln und zwei Olympiasiegen von einem Ranking jenseits von 1000 wieder unterwegs ist Richtung Top 60. Auch dank innerer Einstellung und eherner Konsequenz, die er besitzt. Von einem rotweißroten Vorbild wie Thomas Muster und dessen Comeback nach zerfetztem Knie ganz zu schweigen. Wird schon gute Gründe gehabt haben, dass sich die Wege der beiden heimischen Grand-Slam-Einzelsieger nach kürzester Zeit einer gescheiterten Zusammenarbeit wieder getrennt haben…

Zum Kommentieren hier klicken

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Meist gelesen

To Top

Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen ein angenehmeres Surfen zu ermöglichen