Golf

Von Sepp Straka, der von Wien auszog, um als gefühlvoller Kraftmeier die Golf-Welt zu erobern

Er ist weit vom Schuss und nur dann im Fernsehen zu verfolgen, wenn man sich Pay-TV leistet, sprich: spezielle Sky-Sportprogramme. Die Rede ist von Sepp Straka, der anders als etwa Arnie, die steirische Eiche, oder aber Frank, der Strohsack, Pardon: Stronach, immer noch im echten Wienerischem und nicht amerikanischen Akzente seine Interviews gibt. Der ehemalige GC-Fontana-Junior (der so nebenbei mit meinem Sohn Severin in einem Flight um die Meisterschaft spielte), der als knapp Fünfzehnjährigen von Wien auszog, um via Georgia, College und zweite-Ebene-Turniere die US-PGA-Tour siegreich zu erobern, hat mit einer fantastischen Finalrunde am Sonntag rotweißrote Golfgeschichte geschrieben.

Als erster Österreicher katapultierte sich der normalerweise – außer am „falschen“ Moving Day des Turniers – mit viel Gefühl ausgestattete Kraftmeier mit einer 5 unter Par-Finalrunde von Rang 20 auf Platz 7, ex aequo mit dem mehrfachen irischen Major-Sieger Rory McIlroy und zweitbester Europäer (nach Hovland, Norwegen). Dass dieses allererste Top-10-Resultat eines in Österreich (u. a. bei Claude Grenier) ausgebildeten, jetzt Austro-amerikanischen Golfspielers mit einem Preisgeld von 550.000 Dollar honoriert wurde, ist für den in seiner ganz bescheidenen Normalität sympathischen 30-Jährigen nur ein höchst willkommenes Nebenprodukt seiner exzellenten Vorstellung am schwierigen, durch Regenfälle noch schwereren Oak Hill Club-Kurs gewesen. In erster Linie ging und geht es Straka darum, das Maximum aus seinem großen Potenzial herauszuholen. Und sich mit solch tollen Schlägen unter größtem Druck wie bei den PGA-Championships auch für das Europa-Team im Ryder-Cup (September) zu empfehlen, der in Rom ausgetragen wird.

Und wer weiß, ob er dann, wenn ihn Europa-Kapitän Luke Donald (GB) nicht wählen sollte, er als Doppelstaatsbürger womöglich von den Amis als Laus im Pelz nominiert wird (oder werden darf). Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob das den Regeln nach überhaupt ginge, erinnere mich aber, dass der Sepp vor einigen Jahren, als ein erster, inzwischen realisierter PGA-Siegestraum ebenso weit weg war wie ein Ryder-Cup-Team, einmal selbstbewusst gesagt hat: „Ich hab´ zwei Pässe – ich spiel´ für den, der mich wirklich haben will!“ Wie gesagt, der Mann hat zwei Herzen, die in seiner Brust schlagen – väterlicherseits vom Papa fürs Land großer Söhne, mütterlicherseits für Stars and Stripes…

Um Topresultat und Top-Leistung von Sepp Straka richtig einschätzen und würdigen zu können, bietet sich am besten der Vergleich zum Tennis an und zu den meisten Tennisstars, die auch den Golfschläger mehr oder weniger gut schwingen oder aber das kurze Spiel, sprich: das Putten, beherrschen. So breit die nicht mehr so schmale Spitze inzwischen im Tennis nach dem Top-Trio/Quartett (Federer, Nadal, Djokovic, Murray) geworden ist – jene im Profigolfsport ist noch um ein Drei-, wenn nicht Vierfaches dichter.

Am besten illustrieren das die Daten und Fakten, wie austauschbar die Sieger der vier Majors (Masters, PGA-Championships, US-Open, British Open) in der Post-Nicklaus- und jetzt auch Post-Tiger-Woods-Epoche geworden sind. Natürlich sind etwas mehr als drei Jahrzehnte eine lange Zeit, aber da Golf auch weit länger auf höchstem Niveau gespielt werden kann als Tennis, die Vergleichszahlen der Sieger höchst aussagekräftig. Seit 1990 hat es trotz der 15 Tiger-Triumphe, trotz eines Mickelson, trotz eines McIlroy, trotz eines Nick Faldo,  trotz Brooks Koepka (USA/PGA-Championship 2023 waren nach fünf sieglosen Jahren sein 5. Major-Titel) nicht weniger als 120 (!) verschiedene Sieger in den Majors gegeben, dem Pendant zum Tennis-Grand-Slam!

Sepp Straka, der in den USA dazugelernt hat, wie man sich auf ganz Großes fokussiert und nicht nur mit Geldregen im Kleinen begnügt, hat sich zum Ziel und in den Kopf gesetzt, sich in den elitären, aber immer weiteren Kreis der Besten einzureihen. Inzwischen ist er auch im World Ranking wieder an der Schwelle zu den Top 30 angekommen, was in der „Umrechnung“ aufs Tennis so was wie Top 10 wäre. Da er in seinem Vaterland neben dem Fußball- und Torhüter-ABC auch das Einmaleins des Golfens gelernt hat, da er auch bisher unter rotweißroter Flagge auf den US-PGA-Turnieren aufscheint, darf Österreich stolz auf seinen halben Auslandsösterreicher sein.

Auch ich, der vor 15 Jahren im „Presse“-Golfmagazin neben anderen Familiengeschichten auch eine Straka-Zwillings-Story unter dem Titel „Brüderlein fein“ verfertigt hat, hätte sich damals kaum träumen lassen, dass er sich zu einem US-Turniersieger., Ryder-Cup-Anwärter und wer weiß, sogar Major-Siegesaspiranten entwickeln würde. Ich ziehe den Hut vor diesem mehr Austrianer als Amerikaner, der zeigt, wie man auch als (Golf)-Solist was wird im Sportlerleben, wenn man sich dementsprechend anstrengt. Und in seine (Sieg)-Träume Zeit, Herzblut, Kraft und Geld investiert. Chapeau!

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