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Wie Lust auf Momentaufnahmen die Sucht nach Superlativen nährt

Ja, ich bin ein Ewiggestriger, was den Beruf des Sportjournalisten betrifft. Jubel, wo Jubel angebracht. Tadel, wo Tadel nötig. Kritik, wo Kritik sinnvoll. Superlativ, wo vollbrachte Superleistungen so gewürdigt werden sollen oder müssen. Mittlerweile aber, nicht zuletzt angestachelt durch Social Media, ob Facebook, Twitter oder Instagram als neue Botschafter, die als neues Maß der Dinge gelten, werden sportliche Momentaufnahmen immer öfter und immer mehr als allgemeingültiger Wert verkauft. Und wenn dem binnen kürzester Zeit dann doch nicht ganz so ist, wie man´s plakatiert hat, dann folgt der Nachricht aus erster auch gleich die gegenteilige Meldung aus zweiter Hand.

Einige Beispiele gefällig? Kaum von Rapid an den FC Barcelona verliehen, kaum im Kader, schon wurde Yusuf Demir hierzulande fast schon als neuer Messi und Ass im Ärmel von Koeman ausgeschildert, ehe er als überforderter und auch überschätzter Teenager dort landete, wo er auch bei Rapid saß – auf der Ersatzbank! Und kaum war er nur noch Jolly Joker, kaum wurde uns mit einem veritablen medialen Rückwärtssalto verkündet, der seit Wochen angeblich angezählte, aber immer noch amtierende Trainer würde nicht mehr mit ihm planen, kam das Dementi von Koeman. Dem Sinn nach etwa, dass halt keine Siebenmeilenstiefel tragen könne, der noch in sportlichen Kinderschuhen stecke. Gut Ding brauche Weile. Normal.

Geradezu abnorm auch der überschwappende Jubelsturm um David Alaba, Torschütze und Man of the Match im Clasico gegen den ebenso Demir-losen wie Form-suchenden FC Barcelona. Etwas, auf das Alaba im Besonderen natürlich so stolz sein darf wie der heimische Fußball im Allgemeinen, das steht außer Diskussion. Aber die Behauptung, dass sich jetzt die ganze Fußballwelt vor dem 29-jährigen Neo-Galaktischen aus München bzw. Wien verneigen würde, scheint der Übertreibung des Guten einfach mehr als nur einen Deut zu viel. Die nachgerade maßlose Sucht nach Superlativen hat nichts mehr mit dem Respekt zu tun, wie schnell und gut sich David Alaba in Madrid eingelebt und bei Real eingefügt hat. Aber die Saison ist immer noch jung und das nächste Clasico im März noch ziemlich weit weg…

Und bei aller Hochachtung, dass der Basketballriese Jakob Pöltl (einer meiner Hausbewohner seit Kinderwagenzeiten) in seiner sechsten NBA-Saison eine Gala (Double-Double) bei den LA Lakers abgeliefert hat – für die Spurs aus San Antonio war´s die dritte Niederlage im vierten Match. Aus Pöltl-Sicht hieß das auf (Shakespeare)-Englisch: Loves Labours Lost, auf Deutsch: Vergebliche Liebesmüh! Basketball ist eben wie Fußball ein Mannschaftssport, in dem – abgesehen von absoluten Ausnahmekönnern in den besten Jahren a la Pele, Maradona, Beckenbauer, Cruyff, Messi, Ronaldo, Zidane u. a. da, Wilt Chamberlain, Abdul Jabbar, Michael Jordan, Magic Johnson, Shaquille O´Neal, LeBron James und andere dort – meist das schwächste Glied entscheidet, warum was wie endet.

Und was Superlative betrifft, so sagen ja die vordem genannten Namen, wer wann und warum das war oder immer noch ist, was man einen Superstar nennt. Bei allem Respekt und trotz bester medialer Beziehungen bis hin zu einer PR- und Social Media-Lobby fehlt über Momentaufnahmen hinaus da wie dort noch einiges, dass sich die Sportwelt vor unseren Helden verneigt. Nicht nur eine Millionenfrage.

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