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Einer zu viel am Feld: Wegen 17 Sekunden mit Nichts prallen Pragmatiker auf Paragrafenreiter

Reden wir nicht mehr über Narcos Nader, das künstliche, aber doch nicht Kultprodukt der heimischen Boxszene, dass statt mit zwei Titeln und Gürteln – live is life – mit einem dumpfen Schädel und einem blauen Auge davonkam. Immerhin ging´s da um fünf Runden und vier Pausen, während in Fußball-Deutschland inzwischen die Diskussionen überschwappen wegen lumpigen 17 Sekunden! Ja, wegen geschlagenen siebzehn Sekunden, in denen der FC Bayern beim FC Freiburg aus mehrfachem Versehen zwölf statt 11 Mann auf dem Platz gehabt hat. Nicht irgendwann, sondern vier Minuten vor dem Ende eines Spieles, das nicht auf des Messers Schneide gestanden war, sondern den Rekordmeister und Spitzenreiter mit 3:1 klar in Führung und im Vorteil sah, der dann nach acht Minuten Unterbrechung just durch den (Sekunden-) Mann zu viel am Platz, den österreichischen Wechselspieler Sabitzer, mit 4:1 gewann.

Ja, jetzt wird heftig debattiert über die Schuldfrage, in Zeitungen, in Funk und Fernsehen, von Promis aller Sorten, von männlichen Altstars und weiblichem Aufputz, von Paragraphenrittern, Neunmal(alt)klugen und von Männern, die einst gewichtige Rollen im deutschen (Klub)-Fußball gespielt hatten. Wie Reiner Calmund, der sich im Sport1-Sonntags-Doppelpack ganz eindeutig und meiner bescheidenen Meinung nach zumindest richtiger- statt formaljuristischer Weise ganz eindeutig dagegen ausspricht, dass der FC Freiburg gegen die Beglaubigung protestiert und, was ihm noch mehr unter die längst nicht mehr so dicke Haut ginge, womöglich vom DFB sogar drei Punkte und ein 2:0 am grünen Tisch zugeschanzt kriegt.

Mag schon sein, dass man mir Parteilichkeit mit Bayern-Schlagseite unterstellt, die ich ganz sicher nicht habe. Ich kann aber nur sagen: Gut gebrüllt Calle, inzwischen ranker, schlanker Leverkusen-Löwe von vorgestern, weil in diesen Zeiten immer absurderer Political Correctness von selbstgefälligen I-Tüpferl-Reitern sich endlich einer dazu bekennt, einen klaren Trennstrich zwischen folgenlosen Lappalien und fatalen Dogmen zu ziehen. In den 17 Sekunden in der 86. Minute, in denen durch das Anzeigen falscher Rückennummern von außen plötzlich ein Bayern-Spieler zu viel auf dem Platz stand, was übrigens vom Freiburger Schlotterbeck (welch treffender Name!), aber nicht vom Schiedsrichter Christian Dingert bemerkt worden war, ist nämlich NICHTS passiert. Kein Foul, kein Fehlpass, keine Angriffsaktion, nur Geplänkel. Also NICHTS!

Die Hauptschuld, verbunden mit weiteren Formalfehlern des Referees (Aufwurf statt indirektem Freistoß für Freiburg), für alle Versäumnisse und Vorkommnisse trug das Schiedsrichterteam, das offenbar gelinde gesagt die Übersicht verloren hatte von Dingert über Linienrichter(in) bis zum Offiziellen. Ja, mehr noch, das sei nicht nur gestattet, sondern sogar fett unterstrichen: Wieso hat in dieser heiklen Situation der Video Assistent (VAR), der ja auch des Zählens mächtig und mit dem Referee verbunden ist, nicht unverzüglich eingegriffen? Ja, wozu gibt es diese sündteure Einrichtung, die selbst immer wieder für teils lachhafte, mehr als diskutable Interventionen sorgt, wenn sie dann, wenn es so etwas im Frühling hereinschneit, NICHTS tun?

Ich bin schon gespannt, wie sich diese Causa weiterentwickelt, in der es im Grunde offenbar nicht nur um Gerechtigkeit, sondern eher um Rechthaberei geht, weniger um pragmatische, sportliche Lösungen, vielmehr spekulativ hochgerechnete Gewinn-Akrobatik. Frau Simic, eine Ex-Kickerin im Doppelpack-Forum, hatte sie bei der Hand und brachte sie mit dem Argument vor, in den vier Minuten hätte der FC Freiburg quasi locker das (1:3) Spiel noch in wenigebn Minuten drehen können, hätte man ihm durch die lange Unterbrechung nicht das Momentum einer Aufholjagd geraubt. Im Zweifel, so höre ich heraus, also für den Kläger, der ja, wieder spekulativ, die drei Punkte für die Champions-League-Qualifikation und für viele, viele Millionen gut brauchen könnte. Fürwahr, das sind geradezu artistische Rösselsprünge eines so gut wie ausgeschlossenen Konjunktivs.

Unglaublich eigentlich, was 17 in jeder Hinsicht unausgefüllte Sekunden anrichten können? Aber was solche Diskussionen betrifft, sind die Deutschen sowieso schon vor Katar längst Weltmeister. Hierzulande, ehrlich gesagt, würde ich mir solch spannende TV-Debatten mit griffigen Aussagen statt netter Abfragungen wieder wünschen. Und wenn wir uns dazu den „Calle“ als Advocatus Diaboli ausborgen müssen…

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